Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

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IRON
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Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von IRON »

Nachdem die Harley im Winter diverse neue Motorinnereien transplantiert bekam und die Probefahrten im Frühjahr ohne Probleme absolvierte, ist sie wieder startklar gepackt und bereit für den diesjährigen Trip. Dieses mal geht‘ s nach Österreich und von dort aus dann nach Slowenien und weiter nach Italien. Ein vorheriges Telefonat nach Österreich verheißt allerdings für das Wetter nichts Gutes. Na ja, abwarten. Pünktlich zum Abfahrtstag fängt‘ s an zu regnen und ich schäl mich widerwillig in meine Regenkombi. Was soll‘ s, ich muss ja nur nach Hamburg. Die Freunde steigen diesmal erst in Hildesheim zu, so dass ich allein nach Hamburg zuckel. Wegen des Regens bin ich sehr langsam und vorsichtig unterwegs, achte tunlichst auf Sicherheitsabstände usw. Der Motor läuft ein wenig rau und ich beschließe, in Österreich noch mal die Zündung einzustellen. Ansonsten ist alles ruhig im Maschinenraum. Da mich die Lady bisher auf jeder Fahrt nach Altona in irgendeiner Form geärgert hat, achte ich misstrauisch auf jedes Geräusch aus dem Keller, auf jedes ungewohnte Gefühl. Der Getriebesalat des letzten Jahres klingt noch in meinen Ohren. Nichts. Alles gut. Bis Buxtehude. Beim Spurwechsel über eine klatschnasse, ölig glänzende Fahrbahnmarkierung ist dem Vorderrad, „schwupps“ , plötzlich nach Schräglage zumute. Mir zwar nicht, aber trotzdem gehen jetzt die nächsten 5 Meter der Reise auf der linken Seite, auf Gepäck, Fußraste, Schienenbein und Ochsenauge rutschend weiter. So eine Scheiße!! Ein paar Anbauteile sind verbogen und ein Blinkerglas ist zersplittert aber was soll‘ s, der der Zug wartet nicht. In Hamburg heißt es dann erstmal warten denn der Zug hat Verspätung. Ich nutze die Zeit, mir von den Bahnarbeitern eine große Rohrzange zu leihen und alles wieder gerade zu biegen. Die Verladung geht dann recht flott vonstatten und ich beziehe mein Abteil zusammen mit einem Ehepaar, welches auch mit Harleys unterwegs ist. Neue natürlich. Schick glänzend. Beim gegenseitigen Kennenlernen stellt sich dann heraus, dass sie nicht nur aus meiner Gegend kommen, sondern dass wir in unserer Vergangenheit drei !! gemeinsame Arbeitgeber hatten. Die weitere Zugreise ist dann mehr ein gemütlicher Abend denn eine anstrengende Fahrt in der Bretterklasse, zumal ab Hildesheim die Freunde mit der alten BMW R100GS sowie der Suzuki 650 V-Strom und der 1000er Yamaha Fazer dazu stoßen.
Bei der Ankunft in Villach erwartet uns der vorher telefonisch prophezeite Dauerregen sowie massiver Neuschnee ab 1500 Höhenmeter, so dass wir beschließen, nur bis Afritz zu fahren und dort die nächste Herberge aufsuchen. Die Unterkunft ist direkt am See gelegen und bietet sich an, dort erst einmal abzuwarten, wie der weitere Tag sich entwickelt. Außer dass der Durchmesser der Regentropfen rekordverdächtig zunimmt, entwickelt sich leider gar nichts. So wird in der Zwangspause erst mal abgestimmt, wer von uns Proviantmeister wird und unsere Bordkasse verwaltet. Den BMW-Fahrer trifft‘ s zu seinem Ärger. Ich nutze den weiteren Nachmittag für einen gründlichen Check der Zündanlage. Vor dem Start wurde der Nocken der Kontaktzündung nochmal geschmiert und dazu der Kontakt mehrmals von Hand angehoben und dabei vermutlich auch geringfügig verstellt. Anfängerfehler. Peinlich vor den Freunden. Nachdem der Zündzeitpunkt wieder korrekt eingestellt ist, läuft die alte Dame wieder ruhig und brummig. Das Wetter wird gegen Abend auch langsam besser, so dass in der Gaststube der Unterkunft schon Pläne für den nächsten Tag geschmiedet und Routen ausgearbeitet werden. Zwei Strecken werden favorisiert. Zum Einen ist es eine Tour nach Norden über die österreichische Nockalmstraße, zum Anderen eine Runde nach Süden unter Anderem über den Paulitsch-Sattel nach Slowenien.
Als wir am nächsten Tag die Nockalmstraße in Angriff nehmen wollen, orakelt der Wirt, wir würden da wohl dem Schneepflug hinterher fahren. Na denn ... fahr' n wir halt nach Süden. Zunächst geht es den Wurzenpass hinauf. Die Strassen sind weitestgehend abgetrocknet und zeitweise kommt sogar die Sonne durch. Auf slowenischer Seite gewinnt die Sonne dann endgültig die Oberhand. Es geht bei sommerlichem Wetter auf zweispurigen Straßen Richtung Trenta und die Moppeds laufen wie von selbst. Die sehr kurvenreiche, mit Steigungen und Gefällen garnierte Strecke ist wie geschaffen, die Maschinen auf die kommenden Etappen einzustimmen. Mehr und mehr bekommt der slowenische Alphalt die Fußrasten-Schrauben der Harley zu spüren. Es ist, als freue sie sich, nach einem Jahr plattdeutscher Abstinenz endlich wieder die komplette Rundung des Reifenprofils nutzen zu dürfen. So eingestimmt geht es dann den Mangat hinauf. Es soll angeblich der höchste anfahrbare Punkt Sloweniens sein. Na ich weiß nicht. Die am Anfang der Straße befindliche Mautstation ist nicht besetzt und die Maschinen stöbern fröhlich durch Spitzkehren und kurvige enge Links-Rechts-Kombinationen bis hinauf in die karge Felsenlandschaft, in der nur noch Gräser, Flechten und Moose gedeihen. Eine Stelle, knapp unterhalb des höchsten Punktes wird für die Mittagsmahlzeit ausgewählt und wir lassen uns das am Morgen gekaufte Brot mitsamt Schinken und Käse schmecken. Wir sind nicht die einzigen am Berg. Kolonnenweise ziehen Warnwestenfahrer auf neueren BMW-Boxern ruhig an uns vorbei, welche die letzten schönen Tage des Jahres ebenfalls zu nutzen wissen. Ich habe vor kurzem solch ein Gerät von einem Freund probefahren dürfen. Das ideale Berg-Mopped! Die könnten Kreise um meine Nachkriegskonstruktion ziehen, wenn sie wollten . Nachdem alles verspeist ist, treibt es uns weiter. Das italienische Friaul mit seinen Straßen und Sträßchen hat geladen und die Moppeds waren bereit, zu folgen. Bei m ersten Tankstopp, bei dem jetzt auch der mitgeführte Reservekanister der Harley befüllt wird, bildet sich darunter sofort ein kleiner See. Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass eine der Schweißnähte von den Vibrationen durchgescheuert ist. Der Kanisterinhalt wird schnell auf die anderen Tanks verteilt, doch ich hab‘ nun nur noch das mickrige 13-Liter Harley-Spritfass zur Verfügung, was den Aktionsradius der alten Dame deutlich eingrenzt. Außerdem sind zu meinem weiteren Unbehagen verdächtige Öltropfen unter dem Motor auszumachen. Vorerst lässt sich nichts Verdächtiges entdecken und wir setzen die Reise fort. Trotzdem fährt ab jetzt ein ungutes Gefühl mit. Das erste Mal in Italien ankommend gilt es für die Harley einen Pass zu erklimmen, dessen einspurige Straße als kurvenreich zu bezeichnen maßlos untertrieben wäre. Es ist ein 20 km langes Knäuel aus Kurven und Spitzkehren mit teilweise 20% Steigung. Die Harley fühlt sich pudelwohl und ist in ihrem Element. Oben auf knapp 1800 Meter angekommen ist der Asphalt zu Ende und es führen nur noch drei Schotterpisten weiter. Wir beschließen, erst mal eine kleine Pause zu mache, die ich nutze, der unerwünschten Ölquelle auf den Grund zu gehen. Mit Hilfe einer Taschenlampe werde ich schließlich fündig. Die Schelle der Schlauchleitung vom Schmieröltank zur Pumpe hat sich verabschiedet und hängt nur noch lose auf dem Schlauch. Leider ist da schlecht ranzukommen, so dass sich das Mädel wohl eine leichte OP gefallen lassen muss. Also Kickstarter ab, hinterer Schalldämpfer ab, Krümmer ab und ‚ne neue Schlauchschelle rauf gepfrimelt. Festziehen und alles wieder zusammenbauen. Fertig. Nach 20 Minuten ist alles erledigt und es könnte weitergehen, wenn . . . wenn wir denn wüssten wo‘ s lang geht und welcher der Wege auf der anderen Seite des Berges wieder Anschluss an eine Asphaltierte Straße findet. Zum Glück kommt gerade ein italienischer Almbauer, der uns wohl hinauffahren sah, mit seinem PickUp aus dem Dorf hoch und erklärt uns freundlich aber bestimmt, dass wir dort nicht fahren dürften. Also wieder zurück, was aber kein großer Verlust sondern eher ein großes Vergnügen ist. Weiter geht es Richtung Treviso. Mittlerweile neigt sich der Tag dem Ende entgegen und wir verlassen Italien wieder bei Ratece Richtung Slowenien um dann über den Wurzenpass zurück nach Österreich zu kommen. Beim Abendessen in der Unterkunft lassen wir dann den Tag mit über 300 km Kurvenhatz noch einmal Revue passieren, bevor es uns totmüde in die Kojen treibt. Wir wissen jetzt, dass wir genau am richtigen Ort sind, an dem man zu dieser Zeit sein kann.
Tags darauf ist der Schnee weg und die Nockalmstraße ist unsere. Zunächst geht es Richtung Krems um so zum westlichen Eingang der Nockalmstraße zu kommen. Leider ist die Straße mautpflichtig aber das tut dem Spaß keinen Abbruch. Wegen des Andrangs auf der Passhöhe verkneifen wir uns den Passhöhen-Kaffee. Von der Nockalm aus geht's dann über die Turracher Höhe nach Turrach. Hier nehmen wir uns die Zeit für eine Pause um ein wenig von unserem, morgens bereits gekauftem, leckeren regionalem Brot, Käse und Schinken zu essen. Weiter geht‘ s nach Murnau, über die Seetaler Alpen nach Kärnten hinein und letztlich über Koflach nach Wolfsberg, wo wir dort auf einer Alm wohnende Freunde überraschen wollen. Der Abstieg in' s Lavant-Tal ist durch Einspurigkeit und allerengste Serpentinen fast wie eine Leiter und wir sind abends froh, heil auf der Alm anzukommen. Das Hallo in der Kneipe im Alm-Dorf ist groß und wir können uns vor Bier und Obstler kaum retten. Einer der Gäste lädt uns spontan ein, die nächsten zwei Tage bei ihm zu bleiben, so dass sich das Thema Unterkunft-Suche von allein erledigt. Alle wollen dann irgendwann zu fortgeschrittener Stunde unbedingt mal die Harley hören, so dass man sich zum Sound-Check vor dem Lokal einfindet. Bei der Gelegenheit stellt mein Zündschloss das erste Mal ziemlich spektakulär (Funkenregen in dunkler Bergwelt) seinen Dienst ein. Beim zweiten Startversuch klappt alles wie gewohnt und eine erste oberflächliche Fehlersuche bringt zunächst nichts zutage. Ein ungutes Gefühl bleibt aber und ich beschließe, das Schloss bei nächster Gelegenheit gründlicher zu untersuchen. Leider müssen wir noch ca. einen Kilometer über öffentliche Straßen fahren, was aber dank langsamster Fahrweise gut geht.
Die Steirische Weinstraße steht am folgenden Tag auf dem Programm. Nördlich von Wolfsberg, in der Nähe von Preitenegg überqueren wir die Koralpe und fahren in die Steiermark. Es geht am Städtchen Osterwitz mit der Burg Hochosterwitz vorbei. Diese imposante Burg ist auf einem spitzen Bergkegel errichtet und niemals eingenommen worden. Im Mittelalter gab es dort einen Ritter von deutlich über zwei Metern Größe. Unter den klein gewachsenen Menschen des Mittelalters war er ein wahrer Riese und selbst nach heutigen Maßstäben ist seine dort ausgestellte Rüstung und sein Kettenhemd von beeindruckender Größe. Über Deutschlandsberg geht es jetzt weiter, die eigentliche Weinstraße entlang. Mais-Straße wäre allerdings der bessere Ausdruck (Ich hab' noch nie so viel Mais in so beengter Landschaft gesehen). Sanfte Hügel und kurvenarmes Geläuf sorgen für ein gelangweiltes Brummeln des Motors. Die Harley schläft fast ein. Es geht weiter nach Leibnitz um von dort zur Südsteirischen Weinstraße kommen. Diese Straße schlängelt sich, mehrmals die Grenze nach Slowenien überquerend , zurück nach Westen. Nur die kurzen Grenzübertritte nach Slowenien auf kleinen, wenig befahrenen Pässen bringen einige Abwechslung in das heutiges Tagesgeschäft der Harley. Zuletzt sorgt noch einmal eine kurvenreiche, leider aber auch zu gut ausgebaute Bundesstraße, die „Soboth“ für etwas Kurvenspaß. Der gute Ausbau ist aber eher etwas für GSX-R & Co. Und nichts für die lahme Harley. Am Abend erwartet uns schließlich bei unserem neuen Freund ein Hirschragout der allerfeinsten Sorte. Dass das Bier und der selbstgebrannte Obstler gut sind, braucht hier wohl nicht weiter ausgeführt werden. Für den nächsten Tag ist die Weiterreise geplant.
Der nächste Tag begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Wir verabschieden uns von unseren Gastgebern und brechen auf. Es geht auf Nebenstraßen an Klagenfurt vorbei über den Loiblpass nach Süden zunächst Richtung Ljubljana. Nun geht es tiefer nach Slowenien hinein. Vom alten "Ostblock" ist nichts mehr zu sehen. Die Straßen, die Gebäude, die Autos; wenn die Straßenschilder nicht in dieser eigenartigen Sprache beschrieben wären, könnte dies genauso Italien oder Südfrankreich sein. Die Landschaft ist hochalpin, aber karstig. Aufgrund des Kalk-Abriebs leuchten Flüsse und Seen bei Sonneneinstrahlung extrem türkisfarben. Jeder Bergsee ist quasi eine kleine Südsee-Bucht. Ab Kranj folgen wir einer kleinen Straße Richtung Udine.Die von uns geplante Route beinhaltet, wie immer, auch diverse Off-Road Einlagen. Dass wir uns einmal in den Wäldern verfahren haben, merken wir erst, als es vor einem Bachlauf nicht mehr weiter geht. Also alle Maschinen vorsichtig umdrehen und der Abstieg beginnt. Die Fazer fühlt sich sichtlich unwohl und ab jetzt hören wir nur noch auf den Yamaha Fahrer und bleiben bis zum Abend auf Asphalt zumal er androht, bei dem geringsten Anzeichen von Schotter nicht mehr weiter zu fahren. Selbst Rollsplitt würde schon einen sofortigen Streik nach sich ziehen. Die Nacht wird dann am Ende eines Tals in einem kleinen Hotel verbracht, welches für kleines Geld großes Essen bietet. Wie bei vielen Hotels in dieser Gegend lockt auch hier ein unübersehbares „Bikers Welcome“ Schild am Eingang. Die Zimmer sind sehr gut und die Betten bequem und sauber. Für den nächsten Tag ist dann die Slowenische Grenzstraße und der endgültige Grenzübertritt nach Italien geplant.
Am nächsten Morgen müssen wir erst zurück und raus aus dem Tal, um im Anschluss unsere große Runde fortzusetzen, in deren Verlauf auch die Slowenische Grenzstraße absolviert wird. Diese entpuppt sich zum Leidwesen der Yamaha auch nur als teilasphaltiert. Trotzdem geht‘ s ohne Zwischenfälle zügig Richtung Grenzübergang. Obwohl es bereits später Nachmittag ist, teilt sich die Gruppe vor der Grenze, da es die BMW und die V-Strom nochmal ins hohe Grün zieht. Der „Stol“ , ein Schotterpass der schwereren Sorte steht auf dem Wunschzettel. Während die Harley und die Fazer direkt nach Italien in Richtung Tolmezzo ziehen, welches wir für die nächste Übernachtung auserkoren haben, versuchen die anderen beiden ihr Glück. Spät abends erscheinen sie dann in der Unterkunft. Der Pass hatte es offensichtlich in sich. Beide Maschinen sehen derbe mitgenommen aus wobei die Sturzbügel der BMW ab jetzt auch unübersehbare Spuren eines Sturzes vorweisen können. Die sehr preiswerte Herberge bietet neben schlechten Betten und schlechtem Frühstück eine brauchbare Heimwerker-Werkstatt in der Tiefgarage, so dass jetzt das marode Zündschloss näher untersucht werden kann. Beim Ausbau krümelt es mir dann entgegen und wird gegen einen einfachen Kippschalter ersetzt. Nicht mehr abschließbar, dafür aber umso zuverlässiger. Ich brauch‘ nun auch keine Angst mehr haben, dass mir die Fuhre mitten in einer Bergauf-Kehre in Schräglage ausgeht und einfach umfällt. Den Abend verbringen wir in einer nahegelegenen Pizzeria. Das dort genossene reichliche Essen wird mit Bier runtergespült und sorgt so für eine perfekte Nachtruhe.
Tags darauf zieht es die Moppeds wieder gemeinsam durch die Dolomiten des sommerwarmen italienischen Friaul. Ein Straßenpass reiht sich an den nächsten und die Harley kratzt mit den Fußrasten funkenziehend durch die Kurven. Obwohl die Harley bergauf, überladen und untermotorisiert, aus dem letzten Loch keucht um wenigstens die alte BMW halbwegs auf Distanz zu halten, werden die Reifen bis zur Kante ausgenutzt und bekommen nach Monaten des norddeutschen Flachlandes langsam wieder ein rundes Gesicht. Und bergab, wo die Erdanziehung zur besten Verbündeten des alten Geraffels wird, bleibt sie stellenweise sogar an Fazer & Co. dran (wenn die Geraden nicht so lang sind). Leider sorgt diese Fahrweise die meiste Zeit des bisherigen Urlaubs für einen digitalen Betrieb des Gasgriffes. Diesen Vollgasorgien ist der alte Motor ansonsten ja nicht ausgesetzt. Wird schon gut gehen. Ein ungutes Gefühl beschleicht einen aber doch dann und wann. Als es Abend wird befinden wir uns in Sauris di Sopra, in der Nähe von La Maina. Da es Sommer-Nachsaison ist und die Wintersaison noch nicht begonnen hat, sind viele der Herbergen geschlossen. Wir müssen also weiter. Für die Nacht finden wir schließlich auf einer hochgelegenen Alm, nahe eines Stausees eine erstklassige Unterkunft, welche wir wieder für zwei Nächte belegen, um so in den Genuss eines „gepäckfreien“ Tages zu kommen.
Der folgende „gepäckfreie“ Tag bringt dann auch , wie erwartet, Kurvenspaß vom Feinsten. Man muss nur aufpassen, dass man nicht zu weit nach Süden vordringt. Die alpine Landschaft wird dann geradezu schlagartig flach und eben und man befindet sich in der nördlichen Provinz Venedig. Der Rückweg führt uns durch ein, in den rohen Fels gesprengtes interessantes, kopfsteingepflastertes Tunnelsystem mit integrierten Kurven, Steigungen und Gefällen, so dass wir direkt am Stausee in der Nähe unserer Unterkunft wieder rauskommen. Nachdem der Harley nochmal die Kegelrollenlager der Schwinge nachgestellt und die Kette gespannt wurde, beginnt der Abend mit einem leckeren Essen und endet mit Bier und den Köpfen über den Karten. Der nächste Tag soll uns dann in die Dolomiten rund um Cortina d’Ampezzo führen.
Nach dem Frühstück werden die Maschinen wieder gepackt und es geht (leider) wieder mit vollem Gepäck weiter. Die Pässe rund um Cortina d‘ Ampezzo sind zu dieser Jahreszeit ein beliebtes Motorradreiseziel. Die wohlklingenden Namen wie Pordoi, Fedaia, Grödner Joch, Falzarego und Campolongo locken Kurvenfreunde aus ganz Europa an. Die Steigungen haben es in sich und die schwachbrüstige alte Dame quält sich mit Vollgas den Berg hoch, schon in Erwartung der obligaten Pass-Pause. Bergab dann wieder mein Spielchen mit dem „solange wie möglich dranbleiben“ ! In den Kurven kein Problem und auf den kurzen Geraden hilft der Harley ihre beste Freundin, die Schwerkraft. Trotz klappbarer Fußrasten werden dabei durch das funkensprühende Gekratze leider die Schrauben am Ende der Rasten immer kürzer und die Schräglage nimmt immer weiter zu bis zur Rückmeldung durch den Asphalt. Egal! Wird schon noch gehen. Abends erreichen wir dann den Ort Canale d‘ Agordo, in welchem 1912 der sogenannte 30-Tage-Papst, Johannes Paul 1. geboren wurde. Hier ist alles auf diesen berühmten Sohn des Ortes eingestellt. Gedenktafeln und Schaukästen mit seinem Konterfei ohne Ende. Die Kirchenglocken bimmeln im Halbstundentakt, so dass, wenn man gemütlich auf dem Marktplatz beim Kaffee sitzt, jedes Gespräch unterbrochen werden muss. Unter einer großen Glas-Haube, mitten auf dem Platz steht das Auto, welches er gefahren hat. Ein gut restaurierte Lancia Fulvia. Von Weitem betrachtet hat der Wagen eine gewisse Ähnlichkeit mit einem frühen Alfa Romeo Gulia. Von Nahem fällt jedoch der Frontantrieb mit dem längeren vorderen Karosserie-Überhang auf, in welchem der kurz bauende VR4-Motor steckt. Eigentlich das schönste Papst-Relikt des Ortes. Wir richten uns für zwei Übernachtungen ein, um wieder einen „gepäckfreien„ folgenden Tag zu haben. Wir machen uns „landfein“ und erkunden die nähere Umgebung. Nach längerem Suchen finden wir ein Restaurant welches ein sehr gutes, leider aber auch sehr teures Essen bietet. Ich begnüge mich deshalb mit einer Vorspeise. Eine kleine Kneipe auf dem Marktplatz bietet später Gemütlichkeit und die Gelegenheit, unsere morgige Route zu besprechen. Leider hat niemand seine Karten dabei aber einer der anwesenden Gäste spricht englisch, so dass der Wirt gern mit Tipps und Empfehlungen aushilft. Es kommen immer mehr Gäste hinzu und der Abend wird noch ausgesprochen gemütlich.
Der nächste Tag führt die Moppeds wieder in die Bergwelt rund um Cortina d‘ Ampezzo. Die zweispurigen aber trotzdem mit engsten Kurven garnierten Straßen ruinieren mehr und mehr die Fußrasten und Schuhe (die Sohle des Rechten wurde schon mit Tape fixiert). Als dann vor einer der vielen Abwärtskehren die Sinterbeläge mal wieder die bleistiftdünnen Gabelrohre verwinden, ist es soweit. Der Vorderreifen gibt auf und fängt an zu rubbeln. Erste Warnung !!! Kurz darauf werf‘ ich die Eisenzicke mit Schwung auf die linke Fußrastenschraube und … das Hinterrad schmiert ein Stück zur Seite! Das in diesem engen Geläuf nur verhältnismäßig geringe Tempo hilft mir, die eiernde Fuhre doch noch zu halten. Das war der berühmte Schuss vor den Bug!! Das Sicherheitsgefühl, dass mir die Schrauben bis dahin vermittelten, ist nun empfindlich gestört. Zumindest bis zur nächsten Rast. Hier offenbart sich, dass den Reifen keine Schuld trifft. Durch die kürzer geworden Fussrastenschrauben und die dadurch größer gewordene Schräglage ist der Gepäckträger aufgesetzt und hat das Heck ein wenig ausgehebelt. Auf der rechten Seite wäre es auch nur noch eine Frage der Zeit gewesen, da das vordere Abgasrohr auch schon Kratzspuren aufweist. Also werden die Federbeine stärker gespannt und alles ist wider gut?? Auch nur scheinbar. Beim Einbremsen vor den Kurven rührt die Fuhre nun ganz schön mit dem Arsch herum. Zumindest ohne Gepäck. Hat also keinen Zweck. Etwas vorsichtiger fahren und nach dem Urlaub neue Schrauben eindrehen. An diesem Abend hat auch das deutlich preiswertere Hotel-Restaurant geöffnet und für’s Bier geht‘ s wieder in unsere Kneipe.
Der letzte Tag ist noch einmal eine „Gepäckfahrt“, diesmal nach Bozen zum Bahnhof. Es ist allerdings noch Zeit für ausgedehnte Umwege. An einer Pass-Auffahrt haben wir dann in einiger Entfernung dann zwei Chopper vor uns. Leichte Beute – denken wir. Der hintere von Beiden, ein schwarz-glänzendes Japan-Teil ist mit zwei Personen beladen, fährt vernünftig und wehrt sich auch nicht sonderlich, zumal seine Bodenfreiheit in den Kurven doch sehr begrenzt ist. Der Vordere allerdings fühlt sich offensichtlich beim Schwanz gepackt! Ich seh‘ nur noch, wie die Fazer und der unbekannte Chopper passaufwärts fliegen. In den Kurven sehr behäbig gibt das Teil auf den kurzen Geraden, gewaltig beschleunigend nur widerwillig und nur zentimeterweise Boden frei. Nach zwei Geraden sind beide aus meinem Blickfeld entschwunden. Oben angekommen sehe ich dann, womit wir es zu tun hatten. Eine dieser dreizylindrigen Riesen-Triumph mit längs eingebautem Motor!! In der obligatorischen Passhöhen-Pause erzählt uns dann der Besitzer der „Rocket“ etwas von geänderter Software und so. Beeindruckende Vorstellung! Nach einem Milchkaffee ziehen wir weiter. Die Gegend wird zunehmen unangenehmer. Furchtbar viele deutsche, weißhaarige Touristen-Ehepaare in ihren viel zu großen Limousinen blockieren Kurven und Innenstädte. Auch die Anzahl der völlig sinnlos aufgestellten Geschwindigkeitsbegrenzungen nimmt drastisch zu. Warum muss für diese Idioten vor jeder Spitzkehre ein „Tempo 30“ Schild gestellt werden. Mehr geht da sowieso kaum aber die sind scheinbar zu blöd, das selbst zu wissen. Am Nachmittag erreichen wir dann den Bahnhof in Bozen und im Zug lernt man noch einmal neue Leute kennen wie z.B. ein Paar welches mit seiner BMW eine mehrwöchige Griechenlandreise absolviert hat. Mit dem Austausch vieler Urlaubsgeschichten geht eine fantastische herbstliche Motorradtour leider wieder zu Ende.
Hamburg erwartet mich mit gutem Wetter und die Heimfahrt verläuft ohne Zwischenfälle.

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benny
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Re: Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von benny »

Morgen Iron.

schöne Tour und gut geschrieben, Hut ab.

Gibt es den auch Bilder?


Gruß Benny
IRON
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Re: Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von IRON »

Bilder kommen auch noch dazu !
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Marco aus Sangerhausen
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Re: Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von Marco aus Sangerhausen »

Hi IRON,

ich selbst schreib nicht so gern und auch nicht so viel und ausführlich. Dafür lese ich aber um so lieber. Hut ab, das hast Du echt klasse rüber gebracht, ich bekomme sofort Fernweh! Deine Zeilen bestärken meinen Entschluss wieder einmal mit dem Autozug unterwegs zu sein. Verbinde damit auch echt tolle Erinnerungen. Also kurz gesagt, super schön g(b)eschrieben und was sagt uns das? Moped fahren ist einfach total geil! :lol:

Grüß Marco
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holzlenker
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Re: Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von holzlenker »

Marco aus Sangerhausen hat geschrieben:
total geil! :lol:

Grüß Marco
das heißt: richtig geil!

wann lernst Du es endlich?

@iron: 5,5 DIN A4 Seiten...Reschpekt!
Werde die nachher ausdrucken und bereit legen an den einzigsten ruhigen Ort und auch in Fernweh schwelgen.

Ciao Lutz
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Re: Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von IRON »

Bilder Tag 1 (Versuch)
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Gerry
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Re: Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von Gerry »

Nabend,

die Bilder wurden schon richtig auf den Server geladen. Nur hast Du glaub ich vergessen den hinterher angezeigten Code zu kopieren und hier einzufügen.

Ich lade die ersten drei Bilder nochmal hoch...

Bild K800_Bild157.JPG (80 KB)
Bild K800_Bild162.JPG (70 KB)
Bild K800_Bild163.JPG (65 KB)

Gruß,
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Re: Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von IRON »

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Re: Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von IRON »

Die Eisenzicke kann ich in jeder Lebenslage reparieren aber so blöde Bilder krieg ich hier nicht rein :shock: . Ts,ts,ts
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Re: Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von Gerry »

Alles gut. Du mußt jetzt nur noch unterhalb des Eingabefeldes den Haken bei "BBCode in diesem Beitrag deaktivieren" rausnehmen. Dann haste's. :-)

Gruß,
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Re: Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von Christian »

Die Eisenzicke kann ich in jeder Lebenslage reparieren aber so blöde Bilder krieg ich hier nicht rein :shock: . Ts,ts,ts

Hi Iron,

andersrum wär's schlimmer!

Schöner Bericht! - fährst Du öfters solche Touren?
Jeden Monat einen Bericht könnte ich gut verkraften. :D

Gruß, Christian
Lieber nen Shovel-Vibrator als nen TC-Staubsauger

Kicker rules!
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Re: Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von IRON »

So'ne Tour versuch' ich jedes Jahr hin zu kriegen.
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Re: Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von IRON »

Erster Abstecher nach Slowenien
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Re: Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von IRON »

Weiterfahrt durch Slowenien Richtung Grenzkammstrasse
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Re: Reisebericht Österreich-Slowenien-Italien

Beitrag von IRON »

Von Slowenien nach Italien !
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