Re: Kette in die Ecke gestellt
Verfasst: 13.02.2018, 11:28
Ich greife das Thema nochmal auf, weil ich auf der Suche nach einer möglichst schmalen 530er Kette für mein Panhead Projekt ebenfalls bei Maedler fündig geworden bin.ron hat geschrieben:...doch ich dachte einige der Jungs hier haben ja auch schon mit "Industrieketten" Praxiserfahrungen gesammelt und könnten diese Zusammenfassen...
Da die Dinger im Industriebedarf ja spottbillig sind, in meinem Fall knapp 30 € für eine vernickelte 530er Kette, habe ich einfach mal eine bestellt; unter anderem aber auch weil den Teilen teilweise Fabelwerte in Sachen Haltbarkeit nachgesagt werden.
Die Kette ist die Tage eingetroffen, sieht ganz schick aus. Ich glaube allerdings kaum, dass die besonders lange hält.
Legt man die beiden Ketten nebeneinander fällt einem sofort auf, dass die Laschen unterschiedlich stark sind.

Die Erklärung dafür ist ganz einfach, die Maße für Industrieketten sind in der DIN ISO 606 / DIN 8187 definiert. Eine 5/8" x 3/8" (530er) Kette muss eine Mindestzugfestigkeit von 22.400 N haben (realiter sind es je nach Hersteller um die 25.000 N), dafür ist eine Laschenstärke von 1,5 mm ausreichend.
530er Motorradketten hingegen haben Laschenstärke von 2 mm (wie die Kette oben im Bild) bis 2,4 mm und damit auch eine entsprechend höhere Zugfestigkeit von ca. 30.000 N bis 45.000 N.
Was bedeutet das aber jetzt für unsere Hocker?
Gehen wir mal von 100 Nm Drehmoment an der Kurbelwelle, 39/62 er Primärantrieb, erster Gang = 1:2,5 und 24er Ritzel auf der Getriebeausgangswelle aus. In dem Fall zieht eine Kraft von 6.536 N an der Kette.
Maedler emphiehlt einen Sicherheitsfaktor von 6 für industrielle Anwendungen (Stoßbelastung, etc).
Im oben genannten Beispiel ergibt sich ein Sicherheitsfaktor von 3,5 bis 4, was ich für grenzwertig halte.
Meine Meinung zu dem Ganzen: Für Wenigfahrer, Showbikes und leichte sowie eher drehmomentschwache Moppeds absolut ausreichend.
Wer es aber mit der Kettenpflege nicht so ernst nimmt, mit nem Stroker oder Big Bore unterwegs ist, sollte lieber bei einer richtigen Motorradkette bleiben.
Ein weiterer Nachteil der Industrieketten ist natürlich auch die mangelnde Abdichtung der zu schmierenden Stellen. Um eine Industriekette einigermaßen alltagstauglich zu bekommen, muss man sie regelmäßig in ein heisses Bad aus 50% hochviskösem Öl (1000 cSt oder höher) und 50 % Kerzenwachs legen, dann hat man eine Zeit lang Ruhe.
Unschlagbar sind allerdings der günstige Preis und die wesentlich geringere Baubreite, weshalb ich die Maedler Kette bei mir mal ausprobieren werde.
Gruß
Dieter
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