Hamburg 2064

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Moderator: Gerry

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Connor Mc Lord
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Hamburg 2064

Beitrag von Connor Mc Lord »

Ich bin nun in dem Alter in dem ich sagen und tun kann was ich will.

Um was geht’s eigentlich? Ich als alter Hamburger Jung, erinnere mich nun wirklich noch sehr gut an die Zeit als Hamburg noch Hamburg war.

Leichte Mädchen, schwere Jungs.

Die Politiker haben Politik gemacht.

Es gab die Reeperbahn.

Schiffe die im Hafen angelegt haben.

Und tausende von Touristen besuchten unsere schöne Stadt.

Dann kam so ein, wie hießen die damals? Richtig, Grüne oder so. In einem gemeinsem Verbund mit der, damals schon auf dem absteigenden Ast regierenden Volkspartei ZTU oder so ähnlich. (ich glaube das letzte Mitglied dieser Partei wurde im Jahre 2040 oder 45 umweltpolitisch korrekt entsorgt. Beerdigungen gibt es in Hamburg schon seit dem Jahre 2018 nicht mehr. Der damalige Senat hat aus ökologischen Bedenken heraus beschlossen die Verstorbenen nicht mehr im Boden zu versenken sondern ins europäische Ausland zum Recyceln zu geben. (Gerüchte zu Folge werden aus den einigermaßen gesunden Toten Nahrungsergänzungsstoffe für die dritte Welt hergestellt).

Letzte Woche wollte ich einen Spaziergang um die ehemalige Innenalster machen. Beim auschecken aus meiner Wohnanlage sagte mir der Umweltwart das ich für diese Woche mit dem Verbrauch von Sauerstoff und übrigen Ressourcen knapp 2% über dem Soll bin. Ich sollte mir Gedanken machen wie ich die an anderer Stelle wieder einsparen könne. Vielleicht furze ich einfache einmal weniger!

Ach was waren das noch Zeiten als damals Harleys (die nach 2020 geborenen werden so was nicht mehr kennen) durch die Strassen knatterten. Tausende von sog. Bikern bevölkerten die Innenstadt und brachten richtig Leben für ein paar Tage nach Hamburg. Die „leichten“ Damen hatten alle Hände (!!) voll zu tun.

Die Restaurants waren brechend voll.

Die Kneipen ließen ab 22h keinen mehr rein so voll waren die Räumlichkeiten. Und jedes Jahr nahm die Stadt einen gut siebenstelligen Betrag ein. Dann kam das Jahr 2010 oder so. Die sog. Harleydays wurden verboten. Ich erinnere mich noch wie heute daran, weil, es war der Anfang vom Untergang von Hamburg.

Wochenlanges Geschrei in den Medien. In Internetforen wurden seitenlange Berichte diskutiert. Was hats genützt – nix hats genützt! Die Harley Tage sind verlegt worden und andere haben Geld verdient.

Wahrscheinlich lag das in Verbindung mit der Erklärung zur Umwelthauptstadt 2011. (Sollte die Erste Ökorepublik der Welt werden).

Aber das war nur der Anfang. Nach und Nach nahmen die Ökofuzzis in der Öffentlichkeit überhand. 2014 wurde Hamburg zur Umweltzone erklärt.

Eine der restriktivsten überhaupt.

Grüne und gelbe Plaktetten gab es überhaupt nicht. Fahrzeuge der entsprechenden Klasse wurden ab den Jahren 2019 zwangsstillgelegt und auf Kosten des Halters ( er hätte ja ein Neues kaufen können) verschrottet.

Den Feinstaub konnte aber auch diese Maßnahme nicht wirklich eindämmen.

So um 2025 wurden dann Hubraumbeschränkungen für Kfz erlassen. Max. 1000ccm. Und 40 PS.

Diese Maßnahme wirkte. Bis 2030 verlor Hamburg rd ein Drittel seiner Einwohner. Der leer stehende Wohnraum wurde ab 2033 zugunsten von Grünflächen abgerissen.

In den Folgejahren wurden die Restriktionen immer schlimmer. Und die Leute nahmen es hin.

Ab 2040 wurde Hamburg vom Umland durch eine Sperranlage getrennt. Um die ungesund Lebenden draußen zu halten.

ÖKO-Terror.

Holzöfen waren übrigens schon 2021 verboten worden und ab 2042 wurden dann die restlichen Ölheizungen zwangsdemontiert. DEr Verkauf von ökologisch korrekt hergestellten Wolldecken (aus unterwassergewebtem Rammeldamast) wurden trotz der hohen Preise ein echter Verkaufsschlager).

Und keiner protestierte.

Der Verkehr auf der Reeperbahn, sofern noch Kunden kamen (waren ja alles Ökos), kam so gegen 2045 völlig zum erliegen.

Die letzte Prostituierte wurde im Alter von 56 Jahren zwangsumgesiedelt. Die ehemaligen Puffs und Halbweltlokale waren schon lange umgewidmet worden. In Parks und Gärtnereien und Museen.

Und keiner protestierte.

Man muss sich mal die Strassen zu dieser Zeit vorstellen. Kaum Verkehr, nur ein paar wenige Elektrofahrzeuge. Und auch die wurden, wegen des Reifenabriebes, ab 2052 verboten.

Hamburg verkam so langsam zu einer sehr, sehr ruhigen Stadt.

Und keiner protestierte.

Rennen und schnelles Gehen wurde wegen der möglicherweise entstehenden Feinstaubbelastung untersagt.

Keiner protestierte.

Gummisohlen wurden dann irgendwann auch verboten und wer kein Geld für anständige Wollschuhe hatte musste halt barfuß gehen.

Von 2040 ab nahm der Wegzug alteingesessener Bewohner dramatische Züge an. Bis 2057 war aus der ehemaligen Millionenmetropole eine Kleinstadt mit unter 100.000 Bewohnern geworden.. Erst ein Wegzugverbot ab 2058 verhinderte das der ÖKO-Haufen an der Spitze sich allein regierte.

Wurst, Zigaretten und Alkohol sowie Süßigkeiten gab es nur auf dem Schwarzmarkt, zu exorbitant hohen Preisen. Jegliches Vergnügen war auf dem Index. Es wurde die oben bereits erwähnte Ressourcenqoute eingeführt die jeden Bürger zwang sich auf das Notwendigste zu beschränken. Furzen, Rülpsen sowie jeglicher CO2-ausstoß wurde von automatisierten Meldeanlagen erfasst und ausgewertet.

Tiere, vor allen Dingen Nutztiere wurden wegen Umweltschädlichem Verhaltens völlig verboten.

(2053 ging das Gerücht um ein kleines Mädchen hätte einen Hamster. Die LuRB –Luftreinhaltungsbehörde- wäre damals restiktiv und energisch dagegen vorgegangen und hätte das Mädchen deportiert)

Die Wirtschaft war schon vor dreißig Jahren, so um 2030, wegen dem Luftreinhaltungsgebot (Richtlinie 2345.34.IV.Aa) zum völligen erliegen gekommen. Produzierendes Gewerbe ging gar nicht, zuviel Dreck. Der Hafen wurde in den Vierziger Jahren zugeschüttet und Gemüseflächen angebaut. (Das Geschäft zog nach Bremen und Rotterdam um die im übrigen vor Geld nicht mehr wissen wohin damit.)

Das schlimmste allerdings war die kollektive Umstellung auf veganes Essen. Ich muss immer noch kotzen wenn ich diese gepressten Getreidedinger auf den Teller lege.

Aber jetzt ist Schluss.

Ich werde jetzt ein letztes Mal auf die [BAD] hauen und dann weg.

Im Keller steht immer noch meine alte Shovel Baujahr 1979. In den letzten Wochen habe ich mir Literweise sauteueres Benzin (8,99/L) in versiegelten Flaschen reinschmuggeln lassen. Und ein paar alte Steaks.

Heute Abend werde ich auf dem Dach grillen (wird seit 20 Jahren mit langem Freiheitsentzug bestraft). Dann geh ich in mein Geheimversteck und ziehe meine alten Lederklamotten an, werde eine Zigarette nach der anderen rauchen. Mir ein letztes Mal eine Berg Süssigkeiten reinschrauben und tierisch blähen. (Solln se doch sehen wie die Luft schlecht wird)

Dann schmeiss ich den alten Eimer an und werde meine müden Knochen ein letztes Mal auf den rissigen Sattel setzten und eine allerletzte Fahrt durch die schmalen, leeren Strassen des Resthamburgs machen.

Und meiner ökologisch gerechten, umweltfreundlichen Hinrichtung freudigst entgegensehen!


In dem Sinne!
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butcher
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Re: Hamburg 2064

Beitrag von butcher »

Hi Connor Mc Lord,

sehr schönes Essay....es weilen ja doch noch ein paar verkappte echte Literaten hier im Forum...hihihi.....sehr beruhigend...

Ich find das Essay eigentlich gut genug, dass ich das mal so einigen Hamburger Tageszeitungen per mail an den Chefredakteur als Gastkomentar schicken würde.....das gäb noch nen paar weitere interessierte Leser mehr...und DU hast NICHTS zu verlieren....der Text ist schon im PC...Chefredakteurs- Adressen eben rausgoogeln und 30 mal abgeschickt...wenns wer druckt, ist´s luschtig...wenn nicht, scheiß drauf...
( P.S.: Immer mit dabeischreiben, dass die das selbst bei Bedarf etwas einkürzen dürfen, dann nehmen die das eher....)

Mach mal ruhig....

Viel Erfolg wünscht

Butcher
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Re: Hamburg 2064

Beitrag von shovel jogi »

Moin Gemeinde,
bin Ende Januar schon mal ein paar Tage in Hamburg und werde mal gucken
wie der dort voran schreitet. Bin ja mal gespannt ob ich mit meinem 3.0 liter
Diesel mit gelber 3 er Plakette dort in die Innenstadt darf.


Gruß
der Jogi
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Re: Hamburg 2064

Beitrag von FXB82 »

Vielen Dank für diesen Beitrag!

Uwe
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Landmark
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Re: Hamburg 2064

Beitrag von Landmark »

Moin Connor,

sehr schön und (leider wohl auch) passend geschrieben. Danke! Butchers Vorschlag find ich gar nicht so dumm, mach mal ruhig!

Gruß!

Landmark

P.S.: Diese letzte Ausfahrt mit dem Shovel über längst verlassene Straßen Hamburgs könnte schwierig werden... http://www.youtube.com/watch?v=4rt8WYNa ... re=related
butcher
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Re: Hamburg 2064

Beitrag von butcher »

Hi Connor Mc Lord,

z.Z. sieht es so aus, als würde euer Bürgermeisterchen selbst die Harley Days blockieren...

BITTE schick doch dein Essay mal an seine email- Adresse im Senat:

ole.vonbeust@sk.hamburg.de

Wird nicht viel bringen und seine Sekretärin fängt das höchstwahrscheinlich ab....aber vielleicht hat diese Zicke ausnahmsweise mal Humor und sendet ihm das Ding an seinen eigenen PC....

Probieren geht über Studieren...wir fänden es glaube ich alle lustig !

Wir haben NICHTS zu verlieren !

Gruß

Butcher
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Connor Mc Lord
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Re: Hamburg 2064

Beitrag von Connor Mc Lord »

butcher hat geschrieben:
BITTE schick doch dein Essay mal an seine email- Adresse im Senat:

ole.vonbeust@sk.hamburg.de

Butcher
Moin moin,

die EMail ist soeben raus :P
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Re: Hamburg 2064

Beitrag von butcher »

Ja supergeil....ist unwahrscheinlich, aber vielleicht bringts seine Hirnzellen mal nen bißchen in Schwung...hihihi....oder aber seine Sekretärin lacht mal nen bißchen...egal...irgendjemandem in seinem Büro machst du da mit Sicherheit ne Freude...hihihi...

...und mit Humor kriegt man manchmal mehr angeschoben, als man für möglich halten sollte...

SUPER- TEXT ! Irgendjemand wird das ähnlich sehen...hihihi...

Halt uns doch bitte auf dem laufenden, ob noch irgendwas anderes außer "Vielen Dank für Ihre Anregung. MfG Der Bürgermeister" zurückgekommen ist....

Grüße in den hohen Norden aus dem Sauerländle...

Butcher
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